Rekordgewinn der SNB – trotzdem geht nur ein Minimum an Bund und Kantone
05.02.2025 | Im letzten Jahr machte die Schweizerische Nationalbank SNB einen Gewinn von rund 80 Milliarden Franken. Das ist nach zwei Jahren mit Verlusten ein absoluter Rekordgewinn. Jetzt erhält der Bund davon eine Milliarde, die Kantone bekommen zwei Milliarden Franken. Sie jubeln über den «unerwarteten Geldsegen». Dabei sind diese insgesamt drei Milliarden ein absolutes Minimum. Gemäss der gültigen Vereinbarung zwischen Bund und SNB müsste eigentlich das Dreifache ausbezahlt werden.
Der Jahresüberschuss resultiert vor allem aus Gewinnen auf den Währungsreserven. Hauptbeteiligt ist dabei der Dollar, dessen Wert 2024 gegenüber dem Franken deutlich zulegte. Aber auch die Gewinne aus dem gestiegenen Wert der Goldreserven waren beträchtlich. Die SNB wendet nun wieder den bewährten Trick an, um eine höhere Auszahlung an Bund und Kantone zu vermeiden. In den beiden letzten Jahren wurde der gesamte resultierende Verlust mit der Ausschüttungsreserve gedeckt, die eigentlich dazu da ist, dem Bund und den Kantonen eine regelmässige Gewinnbeteiligung zu sichern. Deshalb fiel diese Ausschüttungsreserve letztes Jahr auf ein Minus von über 52 Milliarden. Die Rückstellungen für Verluste auf ihren Währungsreserven, die eigentlich zur Verlustdeckung hätten verwendet werden müssen, blieben damals jedoch unangetastet. Im Gegenteil: Die Reserven wurden weiter aufgestockt und sollen auch jetzt nochmals um 11.6 Milliarden erhöht werden. Diese Aufstockung wird mit dem Jahresgewinn von 80 Milliarden verrechnet. Zudem berücksichtigt die SNB aber auch die «fehlenden» 52 Milliarden im Topf für die Ausschüttungsreserve, die es auszugleichen gilt. Daraus resultiert dann nur noch ein Bilanzgewinn von 16 Milliarden. Weil sich die Vereinbarung zwischen Bund und SNB auf die Höhe dieses Bilanzgewinns bezieht und nicht auf den Jahresgewinn, muss die SNB nur drei Milliarden an Bund und Kantone auszahlen.
«Bilanzgewinn» ist willkürlich
Mindestens ein Teil der Verluste der letzten zwei Jahre hätte mit den dafür vorgesehenen Reserven für Währungsverluste gedeckt werden müssen und nicht mit der Ausschüttungsreserve. Auch ist nicht verständlich, warum die Reserven auf Währungsverlusten erneut erhöht werden sollen, obwohl die Fremdwährungsbestände in den letzten drei Jahren nicht zugenommen, sondern abgenommen haben. Die regelmässige Erhöhung dieser Rückstellungen um 10 Prozent entbehrt jeglicher Logik. Diese sollte sich nach dem Verlustrisiko richten und nicht mechanistisch wachsen.
Die Gewinne der SNB gehören gemäss Verfassung dem Bund und den Kantonen und nicht der SNB. Die Gelder auf dem Konto der Ausschüttungsreserve dürfen also nur zu verstetigten Auszahlungen an die öffentliche Hand verwendet werden und nicht zur Deckung allfälliger Verluste. Die (Nicht-)Verwendung der Rückstelllungen auf Währungsreserven durch die SNB sei völlig willkürlich, stellte das SNB-Observatory mit den Ökonomen Gerlach, Lengwiler und Wyplosz vor einem Jahr fest. Und sie wiesen in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass sich die SNB sogar in den Verlustjahren eine Ausschüttung von 6 Milliarden an Bund und Kantone ohne weiteres hätte leisten können. Dies gilt natürlich angesichts des aktuellen Rekordgewinns von 80 Milliarden erst recht.
Nach zwei Jahren ohne Gewinnausschüttung wurden letztes Jahr die Stimmen einzelner Kantone und Bundesstellen lauter, die fanden, dass das gegenwärtige System nicht mehr funktioniert und die Ausschüttungsreserve eigentlich dazu da ist, eine gewisse Verstetigung der Auszahlungen an Bund und Kantone zu garantieren. Jetzt wird die minimale Auszahlung von drei Milliarden offenbar wieder dankbar entgegengenommen und kritiklos als «Geldsegen» kommentiert.
Die Nationalbank-Gewinne gehören dem Volk: Chance für einen Neuanfang
Die aktuelle Vereinbarung des Bundes mit der SNB über die Verwendung der Gewinne ist offenbar nicht in der Lage, die Ausschüttung wirklich zu glätten, wenn diese von einem Jahr auf das andere von 6 Milliarden auf 0 zurückgehen kann, wie das vor drei Jahren passiert ist. Die Vereinbarung, die der SNB diese willkürliche Auslegung erlaubt, läuft noch bis zu diesem Jahr und muss demnächst erneuert werden. Dies ist die Gelegenheit, begangene Fehler zu korrigieren, den Mechanismus der Gewinnverteilung neu aufzustellen und die Bildung des Eigenkapitals und die Reservepolitik transparent zu machen. Evtl. müsste hierfür das Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbank präzisiert werden.
Für Verstetigung und Planbarkeit wäre es notwendig, dass Bund und Kantone in jedem Fall ein Minimum an Gewinnausschüttung erhalten. Bis 2011 gab es eine fixe Auszahlung von 2,5 Milliarden, egal ob die SNB-Gewinne oder Verluste machte. Das ging also. Heute ist ein Minimum von 2 Milliarden nur garantiert, wenn die SNB einen Bilanzgewinn von mindestens 2 Milliarden macht. Damit ist man der Willkür der SNB ausgeliefert, die die Höhe des Bilanzgewinns über ihre Reservepolitik manipulieren kann.
Eine Ausschüttung über ein Minimum von 2,5 oder 3 Milliarden hinaus könnte anstatt vom Bilanzgewinn abhängig auch in Relation zur Bilanzsumme ausgeschüttet werden, wie Prof. Lengwiler vorschlägt. Dies würde die Ausschüttungen an Bund und Kantone wesentlich verstetigen. Zudem soll die Ausschüttungsreserve unangetastet bleiben, solange noch Rückstellungen vorhanden sind.
Die Ausschüttungsreserve könnte auch nach oben begrenzt werden, z.B. auf 20 Milliarden. Der Bilanzgewinn, der diese Limite überschreitet, käme dann unverzüglich dem Bund und den Kantonen zugute. Damit würde es auch zu Ausschüttungen kommen, die deutlich über der heutigen Obergrenze von 6 Milliarden liegt. Es wäre unseres Erachtens angebracht, diese Gelder für zukunftsorientierte Investitionen und nicht zur Deckung laufender Ausgaben zu verwenden. Zum Beispiel für Investitionen in den Klimaschutz und Stärkung der Klimagerechtigkeit oder für Investitionen zur Sicherung der Versorgung mit essenziellen Arzneimitteln aus gemeinnütziger Hand.
Autoren | Hans Baumann ist Ökonom und Publizist. Beat Ringger ist Publizist und ehemaliger geschäftsleitender Sektretär des Denknetz.
Kategorie | Kommentar