Gemeinsam stark: Transformatorische Realpolitik
13.01.2022 | SP und Grüne lancieren eine gemeinsame Klimafonds-Initiative – das hat wegweisenden Charakter für die Schweizer Linke.
Die Klimakrise macht eine sozial-ökologische Gesellschafstransformation nötig. Sozial-ökologisch bedeutet übersetzt in die parteipolitische Farbenlehre auf nationaler Ebene: rot-grün. Das ist zumindest in der Theorie progressiver Common-Sense.
Im realpolitischen Alltag gestaltet sich die Zusammenarbeit aber nicht immer einfach. Der Wahlerfolg der Grünen auf Bundesebene 2019 und die gleichzeitigen Verluste der SP haben zu einer historisch neuen Situation geführt: Die SP ist zwar noch die stärkste linke Kraft, die Grünen sind aber nicht mehr Juniorpartner. Daran mussten und müssen sich die Politiker:innen, gerade auch die der SP, gewöhnen. Die Medien berichten immer wieder davon, dass es im Gebälk der rot-grünen Einigkeit knirscht. So weit, so normal. Für den aussenstehenden Beobachter, die aussenstehende Beobachterin irritierend war allerdings, als SP und Grüne im November 2021 am gleichen Tag je eigene Pläne für eine Klimafonds-Initiative kommunizierten.
Umso erfreulicher ist nun, dass sich die beiden Parteien zusammengerauft – und Cédric Wermuth zusammen mit Balthasar Glättli in der WOZ eine gemeinsame Initiative angekündigt haben. Das ist ein wichtiges Zeichen für die Schweizer Linke. Es braucht gemeinsam getragene Projekte für den sozial-ökologischen Wandel. Nur wenn die Linke geeint ist, hat sie genügend Kraft, um das Agenda-Setting in diesem Land mitzubestimmen.
Der Klimafonds ist ein rot-grüner New Deal, der, so Wermuth in der WOZ, «Klimabewegung, Gewerkschaften und Parteien an einen Tisch bringen kann. Er verbindet die Dringlichkeit des Klimaschutzes mit Industrie- und Wirtschaftspolitik.» Der Fonds soll mit jährlich 3,5 bis 8 Milliarden Franken geäufnet werden. Finanziert werden soll er über öffentlichen Schulden und progressive Steuern. Mit dem Fonds werden fünf Ziele verfolgt:
1. Die Dekarbonisierung von Verkehr, Immobilien und Wirtschaft
2. Die Steigerung der Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien aus der Schweiz
3. Weiterbildung und Umschulungsmöglichkeiten
4. Die Förderung negativer Emissionen
5. Die Stärkung der Biodiversität
Dieses wichtige rot-grüne Projekt ist – hoffentlich – erst der Anfang. Das Denknetz hat in den letzten Jahren immer wieder auf die Bedeutung einer zwar vielfältigen, aber über gemeinsame Projekte verbundenen Linken hingewiesen, so etwa in der Denknetz-Zeitung vom April 2021 oder auch im Rahmen des aktuellen Jahrbuchs zum Thema Postwachstum (siehe hier ein Gespräch mit Mattea Meyer und Balthasar Glättli). Wir verstehen uns selbst als eine Plattform, die die verschiedenen Bewegungen und Parteien über gemeinsame Debatten zusammenbringt und so zur notwendigen sozial-ökologischen Transformation der Gesellschaft beiträgt.
Und mit dem Thema der Arbeitszeitverkürzung kristallisiert sich gerade ein neues, gemeinsames transformatorisches Projekt heraus. Eine offensive Forderung, die rot und grün, die Gewerkschaften, feministische und Klimabewegung verbinden kann.
Ein hoffnungsvoller Start ins neue Jahr!
Zu den Personen: Pascal Zwicky ist Geschäftsführer des Denknetz. Simon Rutz ist Geschäftsleitungsmitglied des Denknetz. Kathrin Ziltener und Ruth Daellenbach sind Co-Präsidentinnen des Denknetz.
Kategorie | Kommentar