Editorial

2017 jährt sich die Russische Revolution von 1917 zum hundertsten Mal. Die Machtergreifung der Bolschewiki und die spätere stalinistische Konterrevolution haben das letzte Jahrhundert geprägt. Mit ihm sind viele Fragen verbunden: Welche Rolle spielen revolutionäre Umwälzungen in der Geschichte? Fressen Revolution ihre Kinder – alle, immer? Waren in Russland die Voraussetzungen überhaupt vorhanden, um den Sprung in eine sozialistische Programmatik zu wagen? Hätte es Alternativen zur stalinistischen Konterrevolution gegeben? Führte das Konzept einer ‚revolutionären Avantgarde‘ zwangsläufig zur Diktatur der Partei? Wie verhalten sich das subjektive Wollen fortschrittlicher AkteurInnen und die objektiven Verhältnisse und Zwänge? Wie steht es um Planwirtschaft, Rätedemokratie, Diktatur des Proletariats, demokratische Institutionen und Freiheiten?

Auch nach hundert Jahren ist die Auseinandersetzung mit der Russischen Revolution ein Feld höchst gegensätzlicher Darstellungen und Interpretationen. Der vorliegende Diskurs will all jenen Unterstützung bieten, die sich ein eigenes Bild von der Russischen Revolution und ihren Implikationen machen wollen. Da es im Stalinismus zu den wohl umfassendsten Fälschungen der bisherigen Geschichtsschreibung gekommen ist, beschränkt sich dieser Diskurs weitgehend auf die Literatur ausserhalb des direkten Einflussbereichs des Stalinismus.

Die Fülle der verfügbaren Literatur ist beinahe unermesslich. Wie immer gilt somit, dass weder allfällige Ansprüche an Objektivität noch an Vollständigkeit erfüllt werden können. Im Unterschied zu den üblichen Ausgaben von Diskurs, die sich mit Gegenwartsthemen beschäftigen und deshalb überwiegend auf kürzere, oft online verfügbare Texte verweisen, liegt das Hauptaugenmerk des vorliegenden Diskurs auf Buchpublikationen. Viele dieser Publikationen sind zudem nur noch antiquarisch erhältlich, obwohl sie für die Thematik von hohem Interesse sind. Die Aufnahme dieser Werke in den Diskurs dient unter anderem auch dem Zweck, diese Publikationen im Gedächtnis zu halten. Die meisten der erwähnten Schriften sind antiquarisch problemlos und zu zahlbaren Preisen auffindbar. Noch ein Hinweis für jene, die sich zum ersten Mal mit der Russischen Revolution auseinandersetzen: Als mögliche Einstiegslektüre empfehlen sich folgende Bücher: E.H. Carr. Die Russische Revolution 1917 – 1929, Isaac Deutscher. Die unvollendete Revolution sowie Helmut Altrichter. Kleine Geschichte der Sowjetunion 1917 – 1991.

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Inhalt

1 . Die Russische Revolution als historisches Ereignis

2. Gesamtdarstellungen der Geschichte der Sowjetunion

3. Die Debatten um die Perspektiven der Russischen Revolution

4. Die Stalinisierung und der Terror der 1 930er-Jahre

5. Die internationalen Auswirkungen

6. Was war die Sowjetunion für eine Gesellschaft?

7. Aktuelle Debatten und neuere Publikationen

AutorInnen

Autor: Beat Ringger. Dank geht an Christoph Jünke, Hans Schäppi und Bernhard Walpen für Anregungen und Rückmeldungen.

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