Editorial

Seit einigen Jahren wird im Rahmen sozialpolitischer Reformdebatten immer wieder die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) für alle gefordert. Zum einen wird dabei auf die sozialphilosophische Überlegung einer Entkoppelung von Arbeit und Einkommen abgestellt, die Autonomie und Selbstbewusstsein von Erwerbsabhängigen fördern könnte. Zum anderen wird das BGE als dringliche und pragmatische Antwort auf zunehmende Verarmungs und Prekarisierungstendenzen verstanden. Allerdings sind die zahlreich kursierenden Grundeinkommensmodelle in quantitativer wie qualitativer Hinsicht derart unterschiedlich, dass eine ernsthafte Diskussion über ein BGE nahezu unmöglich zu sein scheint. Dieser Infobrief versucht deshalb zunächst einen groben Überblick über Modelle eines Bedingungslosen Grundeinkommens zu geben, indem auf bereits existierende Darstellungen verwiesen wird.

Innerhalb der linken, gewerkschaftlichen und feministischen Debatte insbesondere in der Schweiz und Deutschland sind eine Reihe von Einwänden gegen das bedingungslose Grundeinkommen erhoben worden. So wird etwa befürchtet, es schwäche den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne, spiele dem neoliberalen Sozialabbau in die Hände und  erschwere die  Bemühungen, Zugangsbarrieren zur Lohnarbeit für Frauen oder Arbeitslose abzubauen. In diesem Zusammenhang hat sich mittlerweile eine weit verzweigte Debatte zwischen BefürworterInnen und KritikerInnen eines BGE entwickelt. Dieser Infobrief will dazu einen Überblick bieten. Die Auswahl der dabei genannten Texte ist insofern exemplarisch zu verstehen, als dass die dargestellten Positionen für die deutschsprachige Debatte typisch gelten können. Neben den drei erwähnten Kritiksträngen gibt es weitere Einwände gegen das BGE: Das Problem der Finanzierbarkeit (siehe VII.), der Ein und Auschluss der Bezugsberechtigten (einige Modelle sehen eine Einschränkung des Bezugs auf StaatsbürgerInnen vor, knüpfen den Bezug an eine Mindestwohndauer, andere wie das Modell der BAG der Linken sehen keine Einschränkung vor (siehe die umfassende Diskussion hierzu in Blaschke, vgl. Diverses), die Schwächung der Position besonderer Bedarfsgruppen, sollte das jeweilige BGEModell bestehende bedarfsabhängige Sozialleistungen ersetzen.

Auf diese Aspekte wird in diesem Infobrief nur kursorisch eingegangen. Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir die Vertiefung und Ermöglichung einer grundsätzlichen Debatte darüber, ob ein BGE überhaupt Teil einer linken, emanzipatorischer Strategie sein könnte, für zentral. Die folgende Debattenanalyse bezieht sich in der Regel auf ein bedingungsloses Grundeinkommen, das folgenden Kriterien entspricht: Höhe soll Existenz und gesellschaftliche Teilhabe sichern, individueller Rechtsanspruch, keine Bedürftigkeitsprüfung, kein Arbeitszwang sowie Anschlussfähigkeit an eine gewerkschaftliche Mindestlohn und Lohnpolitik. Das Modell der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen BAG in und bei der Partei DIELINKE dient in dieser Hinsicht als Referenz.

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Inhalt

I. Einleitung

II. Grundeinkommensmodelle im Überblick

III. BGE und Geschlechtergerechtigkeit
III.1. BGE als Herdprämie?
III.2. Mehr Chancen für Frauen durch ein BGE?
III.3. Zusammenfassung

IV. Ende der Arbeit oder Gute Arbeit für Alle?
IV.1. Erschwert ein BGE die Verbesserung der Arbeitsbedingungen?
IV.2. BGE und die Reduktion des Arbeitsbegriffs?
IV.3. BGE und gesellschaftlich notwendige Arbeit

V. Instrument neoliberalen Sozialabbaus?

VI. Finanzierungsmodelle am Beispiel Schweiz

VII. Diverses

AutorInnen

Inhalt und Gestaltung: Holger Schatz. Ein besonderer Dank geht an Ruth Gurny und Beat Ringger für Anregungen und Kommentare.

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